Logistikweisen blicken in die Zukunft: Wie entwickelt sich die Branche?

Logistikweisen blicken in die Zukunft: Wie entwickelt sich die Branche?

Verlässliche Wirtschaftsprognosen in Zeiten von Corona zu stellen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Viel zu volatil sind aktuell die Märkte aufgrund von Lockdown, Auftragsrückgängen und Co. Dennoch – oder vielmehr gerade deshalb – haben es sich die Logistikweisen auch für das Jahr 2021 zum Ziel gesetzt, eine Aussage über die Entwicklung ihrer Branche zu tätigen. Durch kontinuierliche Online-Befragungen sowie Analysen auf den Gipfeltreffen im vergangenen Frühjahr und Herbst konnte der Expertenkreis eine vorläufige Einschätzung zur „Lage der Logistik“ abgeben. Zu folgenden Kernergebnissen sind die Logistikweisen gekommen.

Einbruch der Logistikleistung in 2020

Die aktuell vorliegenden Zahlen für das Jahr 2020 lassen die Logistikweisen von einem Einbruch der Logistikleistung in Höhe von 5 Prozent real und 6 Prozent nominal ausgehen. Damit würde der Wirtschaftsbereich auf das Niveau von 2017 zurückfallen. Dieser Rückgang ist insbesondere geprägt von sinkenden Aufträgen im Automobil- und Maschinenbau. Beide Schlüsselindustrien verzeichneten bereits in 2019 Rückgänge. Im Gegensatz zur Automobilindustrie konnte sich der Maschinenbau bis zum Jahresende 2020 nicht erholen.

2022 back to normal

Der Expertenkreis geht jedoch davon aus, dass das Niveau von 2019 voraussichtlich bereits 2022 wieder erreicht sein wird. Hierfür ziehen die Logistikweisen Vergleiche zur Finanzkrise von 2009, welche einen höheren Einbruch – minus 8 Prozent nominal – als die Coronakrise zur Folge hatte und dennoch bereits zwei Jahre später das für die Logistik gute Jahr 2008 übertroffen werden konnte. Laut der Logistikweisen war dies dem vorausgehenden weltweiten Wirtschaftsboom und generell höheren Wachstumsraten in der Logistik (zwischen nominal 6 und 9 Prozent im Vergleich zu nominal 2,5 bis 4 Prozent vor Corona) zu verdanken. Ein weiterer Unterschied zu 2009 sei, dass damals alle Wirtschaftsbereiche gleichermaßen an der Erholung teilhaben konnten. An dieser Erholung würden aber nicht alle Unternehmen gleichermaßen partizipieren. Schließlich dürften ganze Wirtschaftsbereiche ihre Leistung nicht anbieten.

Dennoch ist der Expertenkreis zuversichtlicher als noch im vergangenen Herbst. Seinen Einschätzungen zufolge wird das Vorkrisenniveau in der zweiten Jahreshälfte 2022 wieder erreicht sein. Die positive Entwicklung zum Jahresende, insbesondere der Schlüsselindustrien Automobil und Chemie, stimme optimistisch. Auch die verhältnismäßig schnelle Einführung einer Impfung sollte dem wirtschaftlichen Wachstum weltweit sowie der Binnennachfrage in Deutschland einen Schub geben. Vor allem für den privaten Konsum und private Investitionen in Gebrauchsgüter wird in 2021 ein Nachholbedürfnis gesehen, auch wenn der Ausgleich der Einbrüche in den vom Lockdown besonders betroffenen Segmenten faktisch nicht möglich sein werde.

Logistikkonjunktur 2021

Mit einem Wachstum in diesem Jahr rechnen die Logistikweisen für nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Dies war zu Beginn der Coronakrise und auch noch im Herbst 2020 aufgrund von fehlendem Impfstoff und steigenden Fallzahlen nicht so eindeutig. Die zahlreichen Maßnahmen der Politik in Deutschland und der EU, aber auch die anziehende Nachfrage aus den USA und Asien brachten eine deutliche Erholung. Der Expertenkreis erwartet daher ein Wachstum in Höhe von real 3,1 Prozent beziehungsweise nominal 4,4 Prozent in 2021.

Einzelhandel und Konsumgüter

Die Logistikweisen sehen den Einzelhandel geprägt von Gewinnern und Verlierern. Der stationäre Einzelhandel von Gebrauchsgütern wie Bekleidung, Möbel oder Elektronikartikeln habe in 2020 und 2021 zeitweise Schließungen verkraften müssen und insbesondere das wichtige Weihnachtsgeschäft verloren. Auch nach der Lockerung der Maßnahmen bestünden die Befürchtungen, dass viele der Einzelhändler aufgrund der zu erwartenden Hygienemaßnahmen Einbußen erleiden werden. Der ersehnte Nachholeffekt in diesem Segment werde allerdings niedrig ausfallen, da die Umsätze in andere Kanäle (online) gewandert seien. Daher rechnet der Expertenkreis mit Insolvenzen. Ein weiterer Verlierer mit deutlichen Einbrüchen in 2020 sei die Gastronomie, die nur mit einem geringen Nachholeffekt rechnen könne.

Deutliche Gewinner hingegen seien die Lebensmitteleinzelhändler und Food-Lieferdienste, denn: Der Konsum von Lebensmitteln findet zurzeit zu Hause statt. Tendenziell habe sich der Bedarf an Gütern nicht stark verändert, die Waren seien lediglich von der Gastronomie zum Einzelhandel gewandert. Die Verluste einzelner aufwändigerer Zulieferungen an größere Küchen würden durch die kleinteiligere Distribution in die Filialen der Lebensmitteleinzelhändler kompensiert. Für den gesamten Wirtschaftsbereich Logistik bedeute dies im Großen und Ganzen ein Nullsummenspiel.

Anders sähe dies laut der Logistikweisen bei den Gebrauchsgütern aus, die stationär über eine gewisse Zeit nicht mehr erworben werden konnten. Hier habe nicht nur eine Verlagerung auf den Online-Kanal stattgefunden, sondern auch ein Wachstum. Durch diesen deutlichen Mehraufwand, nehme die Logistik für den Einzelhandel in Summe trotz – oder eher wegen – der Verlagerung zu. Dieser Trend werde auch 2021 Bestand haben und damit selbst ohne insgesamt höhere Konsumausgaben ein Wachstum in der Logistik nach sich ziehen.

Auf Basis dieser Ausblicke geht der Expertenkreis davon aus, dass die Logistik für den stationären und Online-Einzelhandel sowie die Gastronomie inklusive der Food-Delivery-Services ein Wachstum von nominal rund 6 Prozent verzeichnen wird. Andere Wirtschaftsbereiche würden tendenziell weniger stark wachsen. So werde die Logistik für den Maschinenbau eher stagnieren, für den Automobilbau maximal leicht wachsen. Für die Chemieindustrie sei bereits 2019 ein schwieriges Jahr gewesen, weswegen dort von einer deutlicheren Erholung auszugehen sei. Gleiches sei in der Elektroindustrie zu erwarten, die unter anderem von der anhaltenden Digitalisierung profitieren werde.

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